Kanton Bern

Ich bin mit diesem jungen Paar nach Jegenstorf gezogen, wo sie mich adoptieren wollten, weil mein Vormünderin ihnen mehr versprochen hatte, als sie durfte. Es wäre eine Zwangsadoption gewesen.

Hindelbank Arbeits- und Strafanstalt für Frauen meine Mutter erzählt mir, das Sie auch einmal dort hin musste.

Ich zog mit diesem jungen Ehepaar von Horw im Kanton Luzern nach Jegenstorf hier in diesem Kanton bis meine Vormünderin, obwohl sie diesem Umzug zugestimmt hatte, mich eines Tages unangemeldet wieder abholte und nach Menziken in den Kanton Aargau zu einer neuen Pflegefamilie brachte.

Ich kann mich an dieses junge Ehepaar gar nicht erinnern, da ich zu klein war. Jedoch die vielen Fotos und Dias, die ich von ihnen viele Jahre später bekam, zeigten, wie glücklich diese Zeit für mich und auch für Sie war.

 In den Akten, die ich habe und nun seit Oktober 2019 jene vom Luzerner Staatsarchiv, weiss ich heute, dass ich nach dem Kinderheim Iten - Iten Forsthaus in Unterägeri im Kanton Zug von diesem jungen Ehepaar am 23.8.1965 nach Luzern geholt worden bin. Am 1.6.1966 bin ich mit ihnen nach Jägenstorf gezogen, was meine Vormünderin gutgeheissen hatte. Dies steht so in den Akten. Dort war ich bis am 24.10.1966. Ich war etwa 14 Monate bei Ihnen.

Manuela befand sich bei der Vormundschaftsübernahme bei Familie ... in Luzern, in Pflege. Im Sommer 1966 zog. Fam. … nach Jegenstorf, Kt. Bern. Frau ... liess dem Kind eine sehr sorgfältige Erziehung angedeihen, konnte es aber nicht ertragen, dass die leibliche Mutter immer wieder nach dem Kind verlangte. So musste das Pflegeverhältnis gelöst werden.

In den Akten Küssnacht a. Rigi steht, dass mein Anwalt vor Gericht auch mein Beistand bis zum Urteil am 24.8.1965 war. 

In den Akten von Horw steht, ich sei seit dem 3. April 1964 unter der Vormundschaft von Frau M. Steinmann. Ich stand jedoch durch meine Mutter schon ab dem 26.11.1963 unter Ihrer Vormundschaft, jedoch gab es solange der Gerichtsfalles offen war noch nichts schriftliches. Ich fand ein vermerk des Anwaltes in den Akten, dass Sie sich um das Kind kümmern sollte. Das devinitive Urteil kam am 13. Januar 1966. Ich blieb bis zum 24. Oktober 1966 bei diesem jungen Ehepaar.
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17.6.1966 Ausschnitt aus einem Dokument der Bürgergemeinde Horw: Es handelt sich hierbei um Anschaffungen, die durchaus gebilligt werden können und notwendig war. Da Frau … selber keine Kinder hat, ist sie genötigt, dem ständig wachsenden Kind Neuanschaffungen zu machen. Familie … ist am 1. Juni 1966 mit dem Kind nach Jägenstorf BE gezogen.

Die Vormundschaft über Manuela wird vorläufig in Horw weitergeführt.

  Unser Vormund brachte meine Mutter im November 1965 bis 1968 nach Walzenhausen Sonneberg im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Dort musste sie Zwangsarbeit in einer Fabrik leisten. In dieser Zeit und auch danach konnte sie sich gar nicht dagegen wehren, was mit Ihrem Kind geschah. Denn sie hatte keine Rechte mehr über mich. Dieses Recht wurde ihr genommen, als sie 1965 drei Tage in die Psychiatrie Hasenbühl in Liestal musste. Was unsere Vormünderin arrangierte, dies für die Kindeswegnahme Art. ZGB 369, das die Behörden damals an sehr vielen Müttern verwendete, um ihnen die Kinder wegzunehmen und zu versorgen. Oft versorgten sie die Mütter dann auch, wie es bei meiner Mutter der Fall war.

Einen Teil ihrer Antwort auf meinen Brief vom 29.11.1996
 1965 haben wir Dich, ein kleines, scheues Mädchen aus dem Kinderheim in Ägeri zu uns nach Luzern geholt. Es war wirklich Liebe auf den ersten Blick, als wir Dich sahen ... Du hast uns mit Deinen grossen Augen angeblickt. Wir haben Dich mitgenommen, dir alles gegeben, unsere ganze Liebe und Zuneigung ... Du warst unsere kleine Manuela. 1966 sind wir mit Dir nach Jegenstorf BE gezogen in der Absicht vor Deinem Eintritt in den Kindergarten / Schule in der Nähe von Bern … Du nanntest uns, wie hätte es anders sein können, Mami und Papi. Somit war es für uns klar, dass Du die Schule als unsere Tochter besuchen würdest … als meine Vormünderin eines Tages an der Tür läutete, sagte sie. Ihnen: Sie hätte nicht mit der Antwort meiner Mutter gerechnet, die nicht einverstanden sei, mich freizugeben … den Rest könnt ihr selber lesen.

Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Brief hier hineinstellen will, da er sehr persönlich an mich gerichtet ist. Sie schreibt jedoch von so viel Liebe zu mir und den Schmerz, als die Vormünderin mich ihnen wieder wegnahm, dass es für mich ein Muss, ist ihn hier hineinzustellen.
Es sollen, alle, die hier hineinschauen sehen, wie sehr man damals mit Mensch spielte, die sich ein Kind wünschten. Meine Mutter konnte sich nicht wehren, mein Vater noch weniger. Es war reine Profitgier damals mit Kindern, die Eltern hatten und oft auf dem Papier zu Halbwaisen und Vollwaisen durch die Behörden gemacht wurden. Das gab Geld, viel Geld.

Wenn man bedenkt, dass ein jeder Vormund oder Vormünderin in dieser Zeit etwa 500 – 600 Kinder, Jugendliche und Erwachsene hatten. Sie machten viele von uns Kindern in den Dokumenten zu Halbwaisen oder Vollwaisen, obwohl die meisten von uns Eltern hatten. Diese Waisenrente, die uns dadurch zustand, bekamen die meisten Kinder wie auch ich nie.

Ich musste einmal vor ein paar Jahren wegen eines Dokumentes auf jene Gemeinde, wo ich versorgt wurde telefonieren. Jener Herr am Telefon sagte beim Gespräch, ob ich denn diese 10`000 Fr. Halbwaisenrente, die mir zugestanden sei, nicht bekommen hatte? Ich verneinte. Leider konnte er nichts mehr dagegen unternehmen, die Verjährungsfrist war kurz zuvor abgelaufen.

Erinnerungen und Erzählungen von meiner Mutter, meiner Grossmutter. Gewisse Erinnerungen, die meine Vormünderin mir erzählte und nun all jenes, was in den Akten steht. Sie, unsere Vormünderin hat sich alles zurecht gelogen, aufgebaut auf einer grossen Lüge und alle haben Ihr geglaubt. Meine Mutter sagte sie: Es sei ein älteres Ehepaar. Sie musste mich wieder holen, weil Sie zu alt für ein so lebendiges Kleinkind wie mich wären.

Mein Brief 1996 an dieses Ehepaar würde ich heute ganz anders schreiben.

Weil ich erst jetzt weiss, dass auch meine Mutter ohne Grund, nur weil ihre Mutter Hilfe auf der Gemeinde holte, als Kind unter Vormundschaft gestellt wurde. Dies wusste das junge Ehepaar nicht. Der Leidensweg meiner Mutter war noch viel schlimmer als meiner. Ich verstand, nachdem ich diesen Brief gelesen, vieles sehr gut.

Warum ein Treffen in Luzern dann doch nicht zustande kam, weiss ich heute nicht mehr. Mein Wunsch, sie alle einmal kennenzulernen ist bis heute geblieben.

Meine Vormünderin brachte mich an den nächsten Ort. Nach Menziken im Kanton Aargau. Zu wieder einer Pflegefamilie. Ihre Lügen gingen weiter, denn ich blieb auch dort nicht lange. All diese Ortswechsel bei mir und auch bei meiner Mutter, mit all Ihren Lügen.

Es scheint mir heute fast so, als hätte Sie gewollt, dass wir keine Beziehung zueinander oder zu anderen aufbauen durften, die uns Liebe geben wollten.

Meine Mutter hat mir einmal erzählt, dass sie in diesem Kanton in Hindelbank im Frauengefängnis war. An eine Erzählung mag ich mich erinnern und es könnte gut sein, dass Sie daher dorthin musste. Ich weiss warum, jedoch will ich hier nicht darüber schreiben.

Aus diesem Grund habe ich am 8. Juni 2015 eine Anfrage an Hindelbank in diesem Kanton gemacht. Die Antwort war, dass Sie Dateien nur 10 Jahre aufbewahren, wie man hier lesen kann. Allerdings müsste ich mich an das Staatsarchiv in Bern wenden, wo einige Akten von Fall zu Fall aufbewahrt werden. Deshalb habe ich später dort noch nachgefragt. Sie konnten keine Akten über sie finden, weil es zu lange her ist. All meinen weiteren Nachforschungen verliefen im Sande.

Was für ein Mensch unsere Vormünderin doch war.
Mit wie vielen anderen Kindern, mit deren Mütter und Väter sie dieses Spiel spielte. Niemand hat Sie aufgehalten oder kontrolliert.
Ich und meine Mutter können es als Mündel von Ihr nur erahnen ... schrecklich.

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